Plenarrede von Daniel Hagemeier am 27.01.2021

Plenarrede Landeswahlgesetz 2. Lesung

Viertes Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes
Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 17/11681

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir nehmen hier heute eine Pflichtaufgabe vor, nämlich die Überprüfung des Landeswahlrechts vor jeder Landtagswahl. Hierbei gilt es die aktuelle Entwicklung des Bundeswahlrechts und die Erfahrungen aus der Verwaltungspraxis zu berücksichtigen.

Zudem sind die Vorschriften an die aktuelle Rechtsprechung anzupassen.

Vor der heutigen 2. Lesung des Gesetzes hat sich der federführende Hauptausschuss intensiv mit dem Landeswahlgesetz befasst.


Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem Änderungsbedarf Rechnung, der sich aufgrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs, neuerer bundesgesetzlicher Vorgaben und pandemiebedingter Extremsituationen ergibt.


Lassen Sie mich einige wesentliche Gesichtspunkte anführen:


Künftig werden auch dem Landeswahlausschuss für die Landtagswahlen zwei Richterinnen oder Richter des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen angehören, die von der Landeswahlleitung auf Vorschlag des Gerichtspräsidenten beruft werden.


Die Ersetzung des Einzelkriteriums „Einwohnerzahl“ durch das Merkmal „Wahlberechtigtenzahl“ in Paragraph 13 erscheint nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs NRW konsequent. Folgerichtig ist nach diesem Urteil auch die Einfügung einer Sollvorschrift mit einer Abweichungstoleranz bis zu 15% - auch hier in logischer Anlehnung an das Bundeswahlgesetz.

Das zieht die Anpassung einiger Wahlkreise unter Einbeziehung der Nachbarwahlkreise mit sich. Diese werden zukünftig so neuzugeschnitten, dass eine Verletzung der 15%-Grenze auf Basis der Wahlberechtigtenzahlen bei der Landtagswahl 2022 vermieden wird.



Der Hauptausschuss hat sich im Rahmen einer Expertenanhörung externen Sachverstand hinzugezogen.

Hinsichtlich der Wahlkreiszuschnitte scheinen aus Sicht der Sachverständigen die entsprechenden Kriterien im Gesetzentwurf die unkomplizierte Umsetzung der verfassungsrechtlichen Judikatur zu sein.

Die weit überwiegende Mehrheit der Sachverständigen ist der Auffassung, dass alle Voraussetzungen der innerparteilichen Demokratie erfüllt sind und dass die Norm als solche den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird.

Wichtig ist, dass wir uns dahingehend absichern, dass die Wahl auch in Pandemiezeiten durchgeführt werden kann.

Natürlich hoffen wir alle, dass die Pandemie bis zur Landtagswahl im Mai 2022 vorbei sein wird. Dennoch gibt es im Vorfeld Problemstellungen, denen man jetzt klugerweise vorbeugen kann.

Aktuell beobachtet man landauf, landab, dass die Parteien gerne Bundestagskandidatinnen und -kandidaten nominieren möchten, entsprechende Aufstellungsversammlungen aber aufgrund der Kontaktbeschränkungen nicht durchgeführt werden können.


Für die Landtagswahl 2022 ist es möglich und – wie uns die Sachverständigen bestätigen – unter Berücksichtigung der Landesverfassung zulässig, dass unter anderem im Falle höherer Gewalt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags Regelungen über die Aufstellung von Wahlbewerbern durch Parteien und Wählergruppen treffen kann, die ausnahmsweise bei entsprechender Erfordernis auch eine Benennung ohne Aufstellungsversammlung ermöglichen.


Unter Berücksichtigung der damit verbundenen Einschränkungen der Möglichkeiten innerparteilicher Demokratie und verfassungsrechtlicher Wahlgrundsätze darf dies aber auch nur als letztes Mittel in Frage kommen!

Nämlich nur dann, wenn andernfalls die verfassungsrechtliche Durchführung der Wahl gefährdet ist.

Es besteht wohl Einigkeit, dass es sich um eine Regelung handelt, die mit Sorgfalt und Vorsicht betrachtet werden muss.

Das Regelungsprogramm des neuen § 46 Absatz 6 Landeswahlgesetz ist aber hinreichend deutlich und bestimmt. Die aufgeführten Regelbeispiele sind ausgesprochen detailliert und präjudizieren deswegen das, was der Verordnungsgeber in dieser  Situation machen kann.

Zudem bestehen keine Normhierarchieverstöße. Die Vereinbarkeit mit dem Demokratieprinzip ist gegeben. Der verfassungsrechtliche vorgegebene Rahmen wird eingehalten.

Daher ist auch der materielle Änderungsantrag der SPD abzulehnen.  

Die Änderungsanträge der Grünen sind ebenfalls abzulehnen. Aufgrund meiner begrenzten Redezeit gehe ich nur auf den materiellen Teil ein.

Bereits die gewählte Formulierung in §46a des Entwurfes, also die Ermöglichung von Abweichungen bei Mitglieder- und Vertreterversammlungen aufgrund der Pandemie, ist zu unbestimmt.

Hier müssten die konkreten Voraussetzungen beschrieben werden. Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass bei der zurückliegenden, Kommunalwahl ausreichend Räume zur Verfügung standen.

Im übrigen sollte die Entscheidung durch ein Wahlorgan – also den kollegial besetzten Wahlausschüssen – und nicht durch den Landeswahlleiter getroffen werden.

Die in § 46 Absatz 1 des Entwurfes geforderte Erhebung von geeigneten Versammlungsräumen durch Kreis- und Landeswahlleiter und entsprechender Vorhaltung durch das Innenministerium greift in den originären Aufgabenbereich der Parteien als Veranstalter ein.

Ähnliches gilt für § 46b Absatz 2 des Entwurfes. Die Abgabe von Veranstaltungsräumen zum marktüblichen Preis geht über den gesetzlichen Aufgabenkreis des Landeswahlleiters hinaus.

Ich  darf darauf verweisen, dass dies bei kommunalen Liegenschaften ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung wäre. Der aufgenommene Ausschluss von Dritten ist aus unserer Sicht unzulässig. Der Landeswahlleiter ist weder Eigentümer, Vermieter noch Ordnungsbehörde.

Die vorgeschlagenen Änderungen des Wahlprüfgesetzes und des Verfassungsgerichtsgesetzes  werden wir noch gesondert prüfen. Sie sollten aus unserer Sicht aber in jedem Fall Gegenstand eines separaten Gesetzgebungsverfahren sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Hauptausschuss hat in seiner Sitzung am 21. Januar 2021 die Beschlussempfehlung abgegeben, den vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert anzunehmen.

Die CDU Fraktion wird dem vorliegenden Gesetzesentwurf zustimmen.

Darüber hinaus stimmen wir auch den Änderungsanträgen der NRW-Koalition zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.