Rede vom 29.11.2017

Herr Präsident/ Frau Präsidentin,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchertribüne,

Pflege ist wohl eines der wichtigsten Themen, mit dem wir uns im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in den nächsten Wochen und Monaten auseinander setzen müssen. Dort wird auch der Antrag abschließend beraten werden, den die Fraktion von Bündnis 90/ Die Grünen heute hier einbringt. Um das vorweg zu nehmen: wir werden der Überweisung zustimmen; allerdings ist ein Teil des Inhalts sogar schon Thema im Fachausschuss gewesen, weshalb mich der Antrag etwas verwundert.

Schon in der Sitzung am 8.11. hat unter TOP 11 <Absichten der Landesregierung zum Masterplan „altersgerechte Quartiere“ und zum „Landesförderplan Alter und Pflege> die Vorlage Nr. 17/216 vorgelegen, in dem sich Minister Karl-Josef Laumann zu den Absichten der Landesregierung zum „Masterplan altengerechte Quartiere“ und zum „Landesförderplan Alter und Pflege“ äußert.

Der Masterplan sieht eine Evaluierung erster Zwischenergebnisse vor, die zum Ende dieses Jahres vorliegen sollten. Sie ist befristet auf den 31. Dezember 2018.

Der Landesförderplan wird für jede Wahlperiode erstellt. Eine Prüfung im Ministerium, ob die für den bisherigen Landesförderplan gewählte Ausgestaltung beibehalten oder verändert werden sollte, ist noch nicht abgeschlossen. Ohne vorzugreifen möchte ich dazu sagen: Wir alle können sicher sein, dass das Laumann-Ministerium den Plan schnellstmöglich vorlegen wird.

Nun aber zu den Forderungen, die die Grünen an die Landesregierung stellen möchten.

Offenbar haben Sie ganz andere Vorstellungen darüber, als meine Fraktion und ich, was „selbstbestimmtes Wohnen“ bedeutet.

Der Begriff "Selbstbestimmung" bezeichnet laut BROCKHAUS "die Möglichkeit und Fähigkeit des Individuums ... frei dem eigenen Willen gemäß zu handeln" (BROCKHAUS, 1993, 87). Mit "Wille" wird die Fähigkeit des Menschen bezeichnet, "sich bewusst für ein Verhalten zu entscheiden und ein Ziel anzustreben.“

Wenn ich dann aber einen Absatz weiter in Ihrem Antrag, liebe Grüne, lesen muss, dass „ambulant Vorrang vor stationär“ haben soll, dann widersprechen Sie sich doch an dieser Stelle.

Wenn der Mensch im Mittelpunkt steht und selbst bestimmt, was für ihn als Individuum das Beste ist, dann kann er auch entscheiden, dass er eine stationäre Unterbringung für sich bevorzugt. Eine echte Wahlfreiheit kann nur bestehen, wenn ambulante und stationäre Angebote vorhanden sind.

Zu Wahlfreiheit und Selbstbestimmung gehört aber auch die Möglichkeit, dass ein pflegebedürftiger Mensch grundsätzlich im Familienverbund bleiben kann bzw. dass ein Angehöriger die ambulante Pflege übernimmt. Für diese Menschen müssen wir die Kurzzeitpflegeplätze ausbauen, denn auch Angehörige können zeitlich begrenzt ausfallen. Für Urlaube sind solche Kurzzeitpflegen gut planbar, aber wenn ein pflegender Angehöriger durch eigene Krankheit ausfällt – um einfache Beispiele zu nennen: jeder kann mal mit fiebriger Grippe flach liegen oder sich einen Fuß verknacksen – müssen auch hier spontan Plätze verfügbar sein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, bitte verabschieden Sie sich davon, stets Ihre eigenen Ideale in den Vordergrund zu stellen.

Man braucht nicht für jedes Anliegen eine eigene Beratungsstelle. Sie führen im Antrag mehrere davon an. Vielleicht macht es viel mehr Sinn, Beratungsstellen zu bündeln, damit Beratungssuchende nicht von Pontius nach Pilatus laufen müssen.

Um zumindest kurz noch auf die weiteren Forderungen aus Ihrem Antrag einzugehen: unsere Intention zu Wahlmöglichkeit stellt nicht die ambulante Versorgung in den Vordergrund; wie bereits erläutert bewerten wir diesen Aspekt anders, mehr auf die Selbstbestimmung hin orientiert.

Zu Punkt 5 Ihres Antrags sollten Sie wissen, dass die Landesbauordnung aktuell noch überarbeitet wird und eine Verbändeanhörung aussteht. Ich kann Ihnen versichern, dass es auch unser Ziel ist, mehr Wohnungen barrierefrei oder sogar rollstuhlgerecht auszubauen. Aber das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt federführend im Ausschuss zu entscheiden haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir freuen uns auf die intensive Diskussion im Fachausschuss.