Plenarrede von Daniel Hagemeier am 10.09.2021

Rede zu TOP 5 am 10.09.2021

Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen
Gesetzentwurf der Fraktion der AfD
Drucksache 17/9801

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir sprechen in diesem Plenum mal wieder über das Landeswahlgesetz. Ich erinnere mich genau, dass schon meine erste Rede als Abgeordneter im Plenum im November 2017 sich auch mit diesem Thema befasste, ebenfalls auf Initiative der AfD.

In diesem Gesetzentwurf, über den wir heute in 2. Lesung sprechen, hat die AfD-Fraktion eine Verkleinerung des Landtags von grundsätzlich 181 auf 129 Abgeordnete vorgeschlagen.

Dies soll durch eine Angleichung des Zuschnitts der Landtagswahlkreise in Nordrhein-Westfalen mit dem der Bundestagswahlkreise vorgenommen werden.

Folge des identischen Wahlkreiszuschnitts wäre eine Reduzierung der Anzahl von Direktkandidaten im Landtag auf 64.


65 weitere Mandate sollen über die Reservelisten der Parteien vergeben werden.

Die Argumentation der AfD ist dünn: Aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten liegt die tatsächliche Anzahl an Abgeordneten im Landtag regelmäßig über der Soll-Grenze des Landeswahlgesetzes – aktuell 181 Abgeordnete.

Das erklärte Ziel des Gesetzesentwurfs, eine Aufblähung des Landtags zu verhindern, wird nicht erreicht.

Die Mehrheit der Sachverständigen hat dies in der Anhörung bestätigt, denn:

-    Der Gesetzesentwurf ist nicht vereinbar mit unserer verfassungsgemäßen Ordnung!

-    Hierfür spricht zudem die Verblassungstheorie und auch die Konzentrizität des Zuschnitts der Wahlkreise!

Aus Sicht der Mehrheit der Sachverständigen hat sich die personalisierte Verhältniswahl bewährt!

Ein Übergang zu einem Mehrheitswahlrecht oder zu einem reinen Verhältniswahlrecht ist daher nicht sinnvoll.

Wenn man die Regelungen einer personalisierten Verhältniswahl betrachtet, dann stellt man fest, dass es nur zwei Ansatzpunkte gibt, um zu einer Reduzierung der Mandate zu kommen:

Entweder man reduziert die Wahlkreise, oder man baut einen Mechanismus ein, der einen vollständigen Ausgleich der Überhangsmandate vermeidet.

Hier bietet der vorliegende Gesetzesentwurf aber keinen Ansatz!

Der Sachverständige Prof. Dr. Otto wies darüber hinaus auf die Rechtsprechung hin.

Sie geht davon aus, dass ein Wahlkreis auch einen bestimmten Lebensraum, Sozialraum, Wirtschaftsraum, historischen Raum und politischen Raum abbilden muss.

Da drängt sich doch die Frage auf: wie viel ist uns unsere Demokratie wert?

Eine Verkleinerung des Landtags bedeutet – ich erwähnte es eingangs - eine Vergrößerung der Wahlkreise. Der einzelne Abgeordnete hätte dann noch mehr Fläche und mehr Basis zu betreuen.

Speziell in den ländlich geprägten Wahlkreisen betreuen wir Abgeordneten bereits jetzt große Gebiete.

Unser Anspruch an die eigene Arbeit ist, dass die Bürgerinnen und Bürger sich von der Politik gut vertreten fühlen sollen.

Die Herstellung einer vollständigen Identität von Bundestags- und Landtagswahlkreisen bringt eine Verblassung der Bedeutung der Landtagsabgeordneten gegenüber der der Bundestagsabgeordneten in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mit sich.

Dies ergibt sich daraus, dass dem Bundestagsabgeordneten in einer politischen Auseinandersetzung in einem Wahlkreis häufig aufgrund der Zugehörigkeit zu der Gesetzgebungskörperschaft der oberen Staatsorganisationsebene eine höhere Bedeutung als einem Landtagsabgeordneten zugemessen wird. Es würde eine Konkurrenzsituation zwischen der Bundes- und der Landesebene entstehen.

Eine Vergrößerung der Landtagswahlkreise schwächt die Bindung des Abgeordneten an die Menschen im Wahlkreis und umgekehrt verhält es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genauso.


Nachdem bereits in der 14. Wahlperiode 2005 bis 2010 die Anzahl der Sitze im Landtag von 201 auf 181 reduziert wurde, weist Nordrhein-Westfalen im Vergleich pro Abgeordnetem die ungünstigste Vertretungsrelation auf. Sie liegt um rund das Doppelte über den für alle Bundesländer errechneten Durchschnittswerten.  



Meine Damen und Herren, in Zeiten, in denen die Menschen immer politikverdrossener werden, halten wir es als CDU-Landtagsfraktion nicht für vertretbar, die Distanz zwischen den Bürgerinnen und Bürgern Nordrhein-Westfalens und uns als ihren Vertretern in der Politik weiter zu erhöhen.

Wir werden also heute, wie bereits im Ausschuss am 24. Juni gegen den Gesetzentwurf stimmen.

Ihnen allen gleich einen guten Weg zurück an die Basis, zurück in Ihre Wahlkreise!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.