Plenarrede am Mittwoch, 15. Mai 2024 zu TOP 9: Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land NRW

TOP 9 Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen

 

Gesetzentwurf

der Fraktion der SPD und

der Fraktion der FDP

Drucksache 18/9155

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Kirchen und Religionsgemeinschaften spielen eine wichtige und gesellschaftlich tragende Rolle.

In unserem Land und für unsere Gesellschaft.

- Das gilt für unser religiöses- und kulturelles Leben.

- Das gilt von der Kita über die Schule.

- Von unseren Krankenhäusern bis zu Pflegeeinrichtungen.

 

Kirchen und Religionsgemeinschaften genießen deshalb eine verfassungsrechtlich abgesicherte und geschützte Stellung in unserem Land und unserem Rechtssystem.

 

Der von der Opposition vorgelegte Gesetzentwurf sucht diese abgesicherte und geschützte Stellung, wenn nicht gar abzuschaffen, dann doch zumindest empfindlich zu schwächen.

Der Inhalt des Gesetzentwurfs kommt dabei im Gewand der institutionellen Schwächung von Kirche.

Die so entstehende Unsicherheit im Zuge der Auflösung von Sicherheit und Verbindlichkeit ist im Kern – man muss es leider so deutlich sagen – ein religionsfeindlicher Akt.

Denn er sucht durch die rechtliche Schwächung der Stellung kirchlicher Gemeinschaften im Ergebnis die Schwächung von deren Arbeit in unserer und für unsere Gesellschaft.

Ich sagte es bereits:

Das gilt für unser religiöses und kulturelles Leben.

Das gilt von der Kita über die Schule.

Von unseren Krankenhäusern bis zu Pflegeeinrichtungen.

Und in vielen Bereichen mehr.

 

Ich nehme das Ergebnis vorweg:

Das ist mit uns auf gar keinen Fall zu machen!

 

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Artikel 23 Absatz 2 unseres Grundgesetzes untersagt ein einseitiges gesetzgeberisches Abweichen von kirchenvertraglichen Bestimmungen.

Hierbei handelt es sich um eine verfassungsrechtliche Sicherung, die jede Änderung an die Zustimmung des kirchlichen Partners knüpft.

Es gilt der Grundsatz „Pacta sunt servanda“: Ein einmal geschlossener Staatskirchenvertrag entfaltet Sperrwirkung für das künftige – einseitige - Tätigwerden des Landesgesetzgebers.

Das gilt für:

- Verfassungsrechtliche Freiheitsgarantien,

- Eigentumsgarantien,

- territoriale Struktur der katholischen Kirchen,

- die Besetzung der bischöflichen Stühle,

- Dotationen und andere Staatsleistungen

- sowie die akademische Ausbildung der Geistlichen an den Fakultäten.

 

Mit anderen Worten: Den Kernbereich kirchlicher Autonomie als Voraussetzung für die Erfüllung des Sendungsauftrags in unserer Gesellschaft und für unsrer Land.

Durch die geltenden verfassungsrechtlichen Bestimmungen werden die gesamten Vertragsinhalte in den Schutz der Verfassung aufgenommen.

Ein einseitiges Abweichen von Kirchenverträgen ist daher nur im Wege einer Verfassungsänderung möglich.

Das sorgt im Ergebnis genau für jene Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, die es braucht.

 

 

Meine Damen und Herren,

Artikel 66 Satz 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen

stellt daher richtigerweise nochmals klar, dass einseitige

staatliche Eingriffe in Kirchenverträge unzulässig sind.

Das Ergebnis anderweitiger Ausgestaltung, so wie es die Fraktionen beabsichtigen, die den vorliegenden Gesetzesentwurf eingebracht haben, lässt sich bereits andernorts begutachten.

Und das, was wir da sehen, ist ein mehr an Unsicherheit und Unverbindlichkeit.

Und es ist ein Weniger an Verlässlichkeit in den Rahmenbedingungen für das praktische Handeln der Religionsgemeinschaften und Kirchen.

Und das, meine Damen und Herren, das wollen wir ganz ausdrücklich nicht!

Denn im Ergebnis wäre das Ergebnis nicht im Sinne und zum Wohle der Menschen und unseres Landes. Aber genau darum geht es.

 

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Nordrhein-Westfalen ist und bleibt ein verlässlicher Partner der Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Denn wir profitieren täglich von deren Arbeit für unser Land und deren Engagement für unsere Gesellschaft.

Gerade in einer Zeit multipler Krisen und Konflikte, Ängste und Unsicherheiten, Veränderungen und Verschiebungen benötigen die Menschen Halt und Orientierung. Dazu können und müssen die Kirchen und Religionsgemeinschaften beitragen.

Deshalb engagieren wir uns auch in Zukunft für ein Klima der Religions- und Kirchenfreundlichkeit in Nordrhein-Westfalen.

 

Verbindlich.

Verlässlich.

Heute. Und in Zukunft.

 

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

aus guten Gründen sollte eine Änderung der Landesverfassung nicht zu häufig in einer Wahlperiode erfolgen.

Eine Verfassung ist ein hohes Gut!

Eine solche fundamentale Änderung bedarf eines breiten demokratischen Konsens.

Der Überweisung in den Hauptausschuss stimmen wir zu.

 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!