Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die antragstellende Fraktion hat die Analyse der Monitoringstelle beim Deutschen Institut für Menschenrechte mit dem Titel „Menschen mit Behinderungen in NRW“ scheinbar gründlich gelesen; und zwar so gründlich, dass sich deren Gliederung im Antrag sehr gut wiedererkennen lässt.
Mit der Verabschiedung des Inklusionsstärkungsgesetzes hat der Landtag von Nordrhein-Westfalen am 14. Juni 2016 einen rechtlichen Rahmen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in unserem Bundesland geschaffen.
Diesen Rahmen mit konkreten Maßnahmen schrittweise weiter auszugestalten, seine Wirkung zu beobachten und notwendige Anpassungen vorzunehmen ist eine langfristige politische Aufgabe. Ich hebe hervor: die Betonung liegt hier auf „schrittweise“ und „langfristig“.
Den Prozess dazu begleitet das Deutsche Institut für Menschenrechte dauerhaft und unabhängig seit dem 1. März 2017 und es ist gut, dass wir im nun vorliegenden Bericht lesen dürfen, dass in Nordrhein-Westfalen viele Fortschritte bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu verzeichnen sind.
Falsch ist aber, wenn im vorliegenden SPD-Antrag behauptet wird, dass besonders die wichtigen Maßnahmen der rot-grünen Vorgängerregierung gewürdigt werden.
Wenn wir von „dauerhaft“ und „schrittweise“ sprechen, müssen wir uns auch soweit ehrlich machen, dass dann ein Schritt nach dem anderen gegangen wird. Und natürlich ist dann richtig und gut, dass die zuerst gegangenen Schritte auch zuerst Wirkung zeigen.
Meine Damen und Herren, in Nordrhein-Westfalen leben rund 1,8 Millionen schwerbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50. Das entspricht gut zehn Prozent der Bevölkerung von Nordrhein-Westfalen. Es ist davon auszugehen, dass deutlich mehr Menschen – vermutlich rund 25 Prozent der Bevölkerung – längerfristige Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen haben.
Für das Leben dieser Menschen ist es von zentraler Bedeutung, ob und wie sie ihre Menschenrechte wahrnehmen können.
Die NRW-Koalition bekennt sich ausdrücklich zur UN-Behindertenrechtskonvention! Und die Monitoringstelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte unterstützt Landtag und Landesregierung bei deren Umsetzung. Die im vorliegenden Bericht benannten Herausforderungen betreffen die Themenfelder Bildung, Teilhabe an Arbeit, das selbstständige Wohnen und die Mobilität von Menschen mit Behinderungen.
Die genannten Bereiche sind uns aus zum Teil abgeschlossenen, zum Teil noch laufenden Gesetzgebungsverfahren und aus zahlreichen Gesprächen mit den Verbänden der Menschen mit Behinderungen, mit denen wir in regelmäßigem und engem Austausch stehen, grundsätzlich bekannt.
Denn so ist es und so soll es auch sein: die Menschen mit Behinderungen sind Experten in der eigenen Sache.
Das Recht auf individuelle Entscheidungen, wo, wie und mit wem die betroffenen Menschen leben und arbeiten wollen, ist zu respektieren. Die auch von Minister Karl-Josef Laumann immer wieder verwendete Vokabel dafür heißt SELBSTBESTIMMUNG.
Ich denke, in dieser Sache haben wir Einigkeit. Schritt für Schritt in ein selbstbestimmtes, inklusives Leben und immer einen Schritt nach dem anderen machen.
Soweit ich informiert bin, hat es im Rahmen der Beratungen zum Inklusionsstärkungsgesetz in der letzten Wahlperiode eine sehr konstruktive und fachbezogene politische Auseinandersetzung gegeben. Teile der CDU-Vorschläge, wie z. B. das Wahlrecht für alle sind komplett in den Gesetzesentwurf eingeflossen.
Daher ärgere ich mich über die Polemik des SPD-Antrags, in dem behauptet wird, die schwarz-gelbe Landesregierung ruhe sich auf den Vorarbeiten von Rot und Grün aus.
Diese Behauptung wird auch der Sache überhaupt nicht gerecht und ich weise sie daher mit aller Entschiedenheit zurück.
Ebenso kritisiere ich, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten, behaupten, dass fast zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention die dort kodifizierten Rechte für Menschen mit Behinderung nicht umfassend verwirklicht sind.
Das können sie auch gar nicht! Zum einen hat die Umsetzung erst vor zwei Jahren begonnen – Sie hätten das viel eher anfangen können, wenn es Ihnen nun nicht schnell genug gehen kann! – zum Anderen gehen wir diesen Weg weiter, Schritt für Schritt und einen Schritt nach dem anderen.
Dieses so wichtige Thema parteipolitisch zu instrumentalisieren, halte ich für den komplett falschen Weg.
Vielleicht gehen Sie noch einmal in sich, kehren auf die Sachebene zurück und unterstützen unseren Entschließungsantrag.