Einsetzung eines „Parlamentarischer Untersuchungsausschuss Terroranschlag vom 23.08.2024“
Gemeinsamer Antrag von CDU, SPD, Grünen und FDP:
Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat auf Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP einen Untersuchungsausschuss zum islamistischen Anschlag von Solingen eingesetzt:
Am Abend des 23. August 2024 ereignete sich im Rahmen des „Festivals der Vielfalt“ in Solingen anlässlich des 650. Stadtjubiläums ein Terroranschlag mit mutmaßlich islamistischem Hintergrund. Der mutmaßliche Täter Issa al H. stach mit einem Messer wahllos auf Besucher des Festes vor einer Bühne ein. Er tötete dabei drei Menschen und verletzte acht weitere teils lebensgefährlich. Der Täter konnte zunächst fliehen. Bereits im Laufe desselben Abends wurde die Attacke von den zuständigen Ermittlern als Anschlag eingestuft. Am 24.08.2024 erklärte die Zentralstelle für Terrorismusverfolgung bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, dass sie von einem möglichen terroristischen Motiv ausgehe.
Issa al H. befindet sich seit dem 25. August 2024 in Untersuchungshaft, die auf Antrag des Generalbundesanwalts, der das Verfahren übernommen hatte, durch den Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof angeordnet worden ist. Nach einem Bericht des Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen (MKJFGFI) für die Sitzung des Integrationsausschusses vom 04.09.2024 (Vorlage 18/2935) soll Folgendes feststehen:
Danach soll der Tatverdächtige am 03.01.2023 in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Bochum angekommen sein. Von dort sei er noch am selben Tag in die Notunterkunft (NU) „Messezentrum Bad Salzuflen“ überstellt worden. Am 06.01.2023 sei er in der Erstaufnahmeeinrichtung im Oldentruper Hof in Bielefeld angekommen, von wo aus er nach Abschluss seiner Erstaufnahme in die NU Paderborn, Dempsey-Kaserne, verlegt worden sei.
Am 27.01.2023 habe er in Deutschland einen Asylantrag bei der Außenstelle des „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF) in Bielefeld gestellt. Die nach seiner Einreise eingeleitete erkennungsdienstliche Prüfung habe ergeben, dass der Tatverdächtige bereits zuvor in Bulgarien einen Asylantrag gestellt haben soll. Daher sei sein Asylantrag in Deutschland zunächst wegen Nichtzuständigkeit abgelehnt und seine Überstellung gemäß Dublin-III-Verordnung vorbereitet worden sein.
Am 20.02.2023 habe Bulgarien dem Übernahmeersuchen des BAMF zugestimmt, so dass ab diesem Zeitpunkt die Überstellungsfrist von sechs Monaten begonnen habe. Gelänge eine Überstellung in dieser Zeit nicht, sei der Mitgliedsstaat zuständig, der das Überstellungsersuchen gestellt habe.
Ab dem 16.03.2023 sei die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) Bielefeld für die Durchführung der Überstellung zuständig gewesen, nachdem das BAMF die Überstellung vollziehbar angeordnet habe. Die ZAB Bielefeld soll die Überstellung des Tatverdächtigen in die Wege geleitet und am 21.03.2023 einen Flug bei der Zentralstelle für Flugabschiebungen NRW (ZFA) angemeldet haben, welche einen Flug für den 05.06.2023 nach Bulgarien bestätigt haben soll.
Für den 05.06.2023 soll die Abholung des Tatverdächtigen und einer weiteren Person zwecks Fahrt zum Flughafen geplant gewesen sein. Zum Zeitpunkt des Zugriffs um 02:30 Uhr in der NU in Paderborn seien die beiden Ausreisepflichtigen nicht angetroffen worden. Der Tatverdächtige habe sich zuvor noch in der Unterkunft befunden, sowohl am Vorabend zum Abendessen als auch am Tag der geplanten Überstellung (05.06.2023) beim Mittagessen. Eine Nachtzeitverfügung sei zuvor nicht verhängt worden, obwohl das Bewegungsprofil des Tatverdächtigen deutlich gemacht habe, dass er vom 18.04. bis 24.04.2023 für einen längeren Zeitraum abwesend gewesen sei. Die Abwesenheit sei der ZAB Bielefeld allerdings von Seiten der Einrichtungsleitung nicht gemeldet worden.
Nach dem gescheiterten Versuch sei der Tatverdächtige kein zweites Mal aufgesucht worden. Ob nach dem 05.06.2023 weitere Maßnahmen ergriffen wurden, um die Rücküberstellung zu bewirken, ist nicht bekannt. Nachfolgend sei die Sechs-Monatsfrist zur Dublin-III-Überstellung am 20.08.2023 abgelaufen und der Tatverdächtige sei vom BAMF in das nationale Verfahren übernommen worden.
Nach der Zuweisung nach Solingen vom 28.08.2023 sei der Tatverdächtige am 11.09.2023 dorthin transferiert worden, wo er seitdem in einer städtischen Flüchtlingsunterkunft gelebt haben soll. Am 13.12.2023 habe er vom BAMF einen subsidiären Schutz erhalten.
Der Untersuchungsausschuss wird auf Beschluss des Landtags damit beauftragt, soweit möglich, nach Abschluss seiner Untersuchungen dem Landtag gemäß § 24 des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen einen Abschlussbericht vorzulegen. Sollte ein Abschlussbericht nicht vorgelegt werden können, hat der Untersuchungsausschuss auf Verlangen des Landtages oder der Antragsteller über abtrennbare Teile des Einsetzungsauftrages dem Landtag einen Teilbericht zu erstatten, wenn die Beweisaufnahme zu diesem Teil abgeschlossen und der Bericht ohne Vorgriff auf die Beweiswürdigung der übrigen Untersuchungsaufträge möglich ist.
Der Landtag kann darüber hinaus vom Untersuchungsausschuss jederzeit bei Vorliegen eines allgemeinen öffentlichen Interesses oder wenn ein Schlussbericht vor Ablauf der Wahlperiode nicht erstellt werden kann, einen Zwischenbericht über den Stand der Untersuchungen verlangen. Dieser darf eine Beweiswürdigung nur solcher Gegenstände der Verhandlungen enthalten, die der Untersuchungsausschuss mit zwei Dritteln seiner Mitglieder beschlossen hat. Der Abschlussbericht, der Teilbericht oder der Zwischenbericht erfolgen schriftlich.